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Plötzlich 1001 Nacht!

Marokko

 

Nach circa 26 Stunden war ich am anderen Ende von Afrika. Ich flog von Südafrika nach Marokko um meine Freunde Linda und Hannes zu treffen. Dieses Afrika ist ganz schön groß, aber ich hatte ja Zeit, denn die hat man in Afrika. Ein Sprichwort welches mir während meiner Reise immer wieder gesagt wurde: „Die Europäer haben Uhren und die Afrikaner die Zeit!“ Und so ist es irgendwie ja auch. Und da ich mich im afrikanischen Reisemodus befand und Linda und Hannes im Europäischen zwei Wochen-Urlaubs-Modus, trafen wir uns fast in Europa und blieben doch in Afrika. Perfekt.

 

Wir genossen zwei herrliche Wochen in einem Land zwischen 1001 Nacht, Alpenfeeling im Atlasgebirge und grünen Oasen in der Wüste. Wir trafen uns in Essaouiera am Atlantik. Bei einem gemütlichen Strandspaziergang merkte man sofort wie vielfältig das Land, die Leute und die Aktivitäten waren. In den Wellen tummelten sich die Surfer, während um sie herum die Kites im Wind flogen und die Kamele vom Strand aus zusahen. Nicht zuletzt der kurze Ausflug in die traditionellen Souks im alten Teil der Stadt brachten eine weitere Welt ins Spiel. Hier war es auch abends um acht noch möglich meine Hose bei einem der vielen Schneider zur Reparatur vorbeizubringen und nach dem Abendessen wieder abzuholen. Zum Abendessen suchten wir uns einen Fisch am Marktstand selbst aus, der dann in der Restaurantecke gleich aufs Feuer gelegt wurde. Dazu handgemachte Pommes Frites auf Zeitungspapier und lokale Oliven. Originaler hätte mein erstes Abendessen kaum sein können, abgesehen von den vielen leckeren Tajine-Gerichten, die ich im Laufe der Reise durch Marokko noch verkosten durfte.

 Mit unserem Mietwagen fuhren wir die Küste entlang mit einem Zwischenstopp in Imsouane nach Taghazout, einem weiteren kleinen Surferort. Wir wählten hier jedoch die Wanderung im Landesinneren ins Paradise-Valley mit seinen natürlichen Pools. 

 

Vom Meer ging es in die Wüste nach Zagora, dem Tor zur Sahara, nur 52 Tage mit dem Kamel von Timbouctou. In einem alten Kasbah wohnten wir gefühlt in einer anderen Zeit. 1001 Nacht inmitten eines kleinen Palmenhain im Draa-Tal. Bei einer Wanderung bei 40° C waren wir froh über jeden Palmenschatten in den Gemüsegärten der Oase. Versetzt in eine andere Zeit wurden wir hier jedes Mal, wenn wir gewarnt von klappernden Hufen, einem Pferdegepann Platz machen mussten. Vom Hausberg dem Jebel Zagora (974m), den wir auf Grund des Wetters bereits vor dem Frühstück bestiegen, hatten wir eine tolle Aussicht, die uns jedoch auch zeigte, dass um den Grünstreifen aus Palmen weit und breit nur Wüste zu sehen war. Und wo wir schon mal Sanddünen so hoch wie Berge vor der Tür hatten, versuchten sich Hannes und ich uns auch gleich mal im Sandboarden. Leider gab es keinen Lift um auf die Düne, was es extrem anstrengend machte und wir nach einer Stunde genug hatten. 

Von den Wüstenbergen ins Atlasgebirge zur Toubkalgruppe. So heißen die höchsten Berge im Gebirge von Marokko. Gemeinsam mit unzähligen Melonen-Trucks und anderen abenteuerlich beladenen Fahrzeugen schlängelten wir uns mit dem Auto die Serpentinen entlang. Auf diesem Weg besuchten wir für einen kurzen Spaziergang den Ort Ait-Ben-Haddou, der seit 1987 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört und Drehort von Filmen wie Gladiator oder auch Szenen von Game of Thrones. Wunderschöne Ausblicke und ein frischer Wind brachte ein völlig anderes Marokko hervor. In den nächsten Tagen wanderten wir in Setti Fatma und dem Tal der sieben Wasserfälle und auf dem Kik-Plateau mit Blick auf die Berge. Zwischen Schafen und Eseln, vorbei an Dörfern, die keine Autos kennen, wurden wir schließlich von einem jungen Herrn nach Hause eingeladen. Stolz präsentierte er uns das Haus der Familie und erklärte uns wie die Berber hier oben leben. Seine Mutter brachte uns traditionelle Speisen und der kleine Bruder zeigte mir stolz seine Französischbücher, als er erfuhr, dass ich Lehrerin bin.

Zum Schluss gönnten wir uns noch zwei Nächte in einem farbenfrohen Riad im Zentrum von Marrakesch. Alleine den Eingang des Hotels in den schmalen Gassen zu finden stellte nicht nur Google-Maps vor eine Herausforderung. Am nächsten Tag besuchten Linda und ich einen Backkurs  für traditionelles marokkanisches Teegebäck. Drei junge Frauen hatten sich selbstständig gemacht und boten nun Koch- und Backkurse im heimischen Wohnzimmer an. So lernten wir alles für den perfekten Teegenuss in familiärer Atmosphäre und freuen uns schon jetzt auf marokkanische Weihnachtsplätzchen 😉

 

Leider verging die Zeit auch in Afrika schnell und Linda und Hannes mussten wieder heim. Ich dagegen blieb und begab mich mit ganz viel Zeit auf eine 24 stündige Busreise von Marrakesch in die Westsahara nach Dakhla, wo ich eine Woche in der Wüstenlagune meine Kitefähigkeiten verbessern wollte. Eine Nacht und einen Tag im Bus und dabei wirkte die Welt verdreht. Denn mittlerweile reiste ich während der Fastenzeit des Ramadans, was bedeutete, dass ich in der Nacht während der Busstopps geöffnete Restaurants fand, die weiteren 12 Stunden am Tag, jedoch alle Raststätten bis auf ihre WCs geschlossen hatten. Einzig und allein, gab es einmal einen kleinen Milchstand für frische Kamelmilch. Die kaufte ich aber dann auch nicht. Denn glücklicherweise hatten mich schon zu Beginn meine Reise drei Frauen aus dem Senegal und der Elfenbeinküste in ihr Reisetrio aufgenommen und dafür gesorgt, dass ich mich bereits in der Nacht mit Essen für den Tag eingedeckt hatte.

 

Angekommen in Dakhla fuhr ich auf einem Autoreifen als Sitz auf der Ladepritsche eines Motordreirads zu meinem Hotel: La Maison Jaune. Diese kleine gelbe Villa leuchtete schon aus der Ferne und war in der folgenden Woche mit ihrer liebenswürdigen französischen Besitzerin Mireille mein Zuhause. Etwas entfernt von der Stadt buchte ich Kitestunden in der Lagune in einer neu eröffneten Kiteschule. Und wie der Zufall es so wollte, kannte ich meinen Kitelehrer Medhi tatsächlich bereits von Sansibar. Gemeinsam mit dem Team der Kiteschule Dakhla Experience erkundete ich die abendlich erwachende Stadt und testete auch die traditionell erste Mahlzeit des Tages während des Ramadans. Leider war der Wind nicht immer auf meiner Seite und so musste ich schließlich statt kiten mangels Wind auch einige Tage surfen gehen und mit den Wellen spielen. Aber auch das hat Spaß gemacht!

 

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